Mittlerweile sinniere ich schon fast eine Stunde vor meiner Tastatur auf diese weiße Seite auf meinem Rechner und mir wollen keine Worte einfallen, um sie zu füllen, weil es einfach zu schmerzhaft ist.
Am Morgen des 16.7.2022 hat unsere geliebte Patricia Ziems – von allen nur immer Pat genannt – im Alter von 58 Jahren nach langer und schwerer Krankheit für immer unsere Welt verlassen. Vielen unserer Leser mag sie vielleicht unbekannt sein, weil sie nie Artikel geschrieben hat, eher im Hintergrund als „Gute Seele vom Break Out“ seit den Anfängen unserer Zeitschrift agiert hat und somit maßgeblich daran beteiligt gewesen ist, dass sich aus dem klitzekleinen Fanzine das Heft, das ihr momentan in der Hand haltet, überhaupt entwickeln konnte. Auch viele von unseren aktuellen Schreibern kennen ihren Namen leider nur aus dem Impressum; die persönlichen Kontakte hatte in erster Linie nur die „Uralt-Crew“ vom Break Out, Leute wie Marco Magin, Petra Rottmann, Peter und Iris Nardo, Ute Linhart, Nikolas Krofta, Peter Hollecker, Hans-Martin Issler, Frank Heukemes, Karl Schmidt und meine Wenigkeit
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Aber blenden wir mal kurz in die ganz frühen 80er zurück, lang bevor die erste Ausgabe des Break Out überhaupt erschienen ist. Bei ihrer Umschulung von Krankenschwester zur Sozialarbeiterin lernt sie unseren Mike Möller kennen, der ebenfalls dort unterwegs war, allerdings im Rahmen einer kaufmännischen Ausbildung. Und beim Gedankenaustausch erzählt ihm Pat, dass sie gern Hardrock hört … Lieblingsband Judas Priest, danach REO Speedwagon und Night Ranger. Ein Mädel mit so einem Musikgeschmack darf man in dieser Zeit als Glücksgriff bezeichnen, dementsprechend hat sich unser späterer Herausgeber gleich in sie „verguckt“. Nicht nur deswegen natürlich. Pat war auch eine liebenswerte und bezaubernde Frau, die immer nur das Gute bei den Menschen gesehen hat. Ein kleines Traumpaar somit, meiner Überzeugung nach sogar die Liebe seines Lebens für unser Möllerchen.
Nachdem unser Mike dann 1986 das Ruder beim Break Out in die Hand genommen hat, ist auch Pat sofort mit Feuer und Flamme dabei gewesen und hat ihn tatkräftig unterstützt. Sei es nur mit Abtippen unzähliger Storys von der Diskette (damals Floppy genannt) auf das richtige Format plus Korrekturlesen oder alltägliche Büroarbeiten. Dazu noch die ganze Aboverwaltung, für die sie verantwortlich war. Aufkleber ausdrucken und dann alles wegschicken.
Erinnere mich auch noch an meine Zeiten, wo ich mal das Lektorat innehatte. Von E-Mails oder Vorab-Korrektur konnte man da nur träumen! Die fertigen Seiten gab es dann ausgedruckt nach Redaktionsschluss und die mussten hurtig verarbeitet werden. Pat ist zu mir gefahren und hat die „Orgien in Rot“ nach einer Nachtschicht von mir am nächsten Tag dann abgeholt und alles sogleich am PC korrigiert. Und die vielen Konzerte mit ihr und die stellenweise recht „wüsten Redaktionssitzungen“, bei denen sie immer gute Laune gezeigt hat. Vielleicht gingen die niemals endeten Wodka-Feige- Vorräte sogar auf ihre Kappe; ich weiß es nicht mehr. Und sie hat auch das Break Out-Censorship ausgerufen, vor allem wegen meiner schmuddeligen Artikel – ich sage Vice oder Faith No More – wo gewisse Dinge gnadenlos der Schere zum Opfer gefallen sind. Aber selbst nach der Kastration sorgten sie noch für das eine oder andere Skandälchen, mit dem ich heute gut leben kann. Sind einfach schöne Erinnerungen,
Trotz der ganzen Lebenslust, die unsere geliebte Pat so auszeichnete, gab es ein gewaltiges Manko in ihrem Leben. Bereits mit 18 Jahren wurde bei ihr die Diagnose Multiple Sklerose erstellt, eine verdammt heimtückische und auch unheilbare Krankheit. Am Anfang sind es vielleicht noch leichte Symptome, die sich behandeln lassen, aber mit der Zeit spielen der Körper und seine Organe nicht mehr mit. Du bist geistig fit, aber gefangen in einem Zustand, den man als verheerend bezeichnen kann. Bist auf Pflege angewiesen, kannst dich nicht mehr bewegen, nicht mehr auf die Toilette gehen, bist seit Jahrzehnten auf Utensilien wie Katheter und Co. angewiesen. Alles nicht schön! Habe dies bei Probetagen im Pflegebereich selbst erlebt. Das zermürbt auch den Betroffenen ohne Ende; es gibt Veränderungen, wo er sich zurückzieht und schwer zu erreichen ist. Kenne ich selbst leider auch durch meine Mutter, die an Demenz – ebenfalls eine fatale Krankheit – gelitten hat. Natürlich habe ich sie immer noch geliebt ohne Ende, aber die Beziehung und die Situation hat sich von ihrer Seite her verändert.
Und so war es dann auch bei dem Traumpaar Pat & Mike irgendwann mal.
„Raue Schale, weicher Kern“, so heißt es ja manchmal. In erster Linie ist unser Mike ein herzensguter und liebenswürdiger Kerl, voller Gefühle. Kenne ihn ja seit über 40 Jahre mittlerweile. Wenn Not am Mann war, er ist immer für einen da!
So auch für Pat! Über zig Jahre hat er sie umsorgt, gepflegt mit anderen Personen, sie in seinem Haus wohnen lassen, um sie nicht aus ihrem vertrauten Umfeld zu reißen, was auch gut für sie war. Und warum hat er das getan? Ganz einfach! Aus Liebe! Denn die vergeht halt nicht!
Dann kam halt der große Knall! Die zwei Break Out-Lockdowns, wo Mike selbst wegen einer schweren Herz-OP um sein Leben gekämpft und mehrere Monate im Koma verbracht hat. Aufgrund dieser Ereignisse wurde ihm quasi das Sorgerecht entzogen. Neue Betreuung, ab ins Heim, wobei man dies hätte umgehen können und was für Pat auch besser gewesen wäre. Gibt halt leider windige Geschäftsleute, die sich gern eine goldene Nase verdienen wollen, aber das ist hier nicht das Thema. Nachdem Mike wieder fit war, hat er sie immer noch fast täglich besucht, später dank Corona-Restriktionen war es dann nicht mehr so leicht. Aber ihr seht, unser Bossi hat echt alles für das Wohlbefinden von Pat getan, deren Gesundheitszustand sich allerdings auch rapide verschlechtere, vielleicht auch der Situation geschildert, weil sie in so ein Heim gesteckt wurde. Vor kurzem war auch schon keine richtige Konversation mehr möglich, die erfolgte dann per Händedruck. Sehr traurig.
Natürlich kann man dieses tragische Ereignis auch als Erlösung bezeichnen, was es auch wohl war. In einem Körper gefangen zu sein, der seit Jahrzehnten vehement gegen Dich rebelliert … das ist einfach nur grausam! Auch wenn es sicherlich mal schöne Zeiten darin gab.
Obwohl dies alles abzusehen war, verspüren wir alle eine unendliche Trauer um unsere geliebte Pat und wünschen allen Angehörigen, Freunden und vor allem Mike, dass sie das verkraften können, denn es ist für uns alle ein herber Verlust und ein gewaltiger Schicksalsschlag.
Wenn Engel von uns gehen
Wird die Zeit stillstehen?
Werden wir sie weinen hören?
Oder doch eher ein herzliches Lachen?
Um in ihrem Sinn weiter zu machen?
Im Namen unserer Redaktion, die gerade in tiefer Trauer ist.
Chris Glaub